Ist bio und öko wirklich immer die bessere Wahl?

Die Reaktionen auf meinen Beauty-Artikel letztens waren ein Hit –
danke sehr!
Ich hab sehr viele sehr nette Zuschriften bekommen, einerseits von Menschen, die sich für Ideen bedankt haben, andererseits von Leuten, die neue Ideen eingebracht haben, und manch eine/r wollte einfach nur danke sagen –
ich hab mich über jede einzelne Nachricht sehr gefreut!
Zu einem anderen Artikel wiederum hab ich sehr durchwachsene Reaktionen bekommen –
auch, weil ich darin die vegane Lebensweise ein wenig kritisiere, das kommt nie gut an, das weiß ich schon. Nötig ist es manchmal aber trotzdem.

Doch gerade wegen des großen, nicht nur positiven Feedbacks auf die beiden Artikel hab ich angefangen, weiter nachzudenken und zu recherchieren.
Und nach und nach wird klar:
Bio und öko ist nicht immer die bessere Wahl.

Ausschlaggebend für meine Gedanken waren die Bambus-Zahnbürsten, die ich wirklich sehr gern mag, weil sie eben nicht aus Plastik sind, weil sie in den Bio-Müll geworfen werden dürfen, und weil sie mir (zugegeben) ein recht gutes Gewissen machen, genauer gesagt die Firma, die neben Zahnbürsten nun auch Toilettenpapier aus Bambus anbietet –
genauer betrachtet aber sind diese Teile ebenso wie das Klopapier der helle Wahnsinn:
Immerhin werden sie vom anderen Ende der Welt zu uns geflogen, nachdem das Rohmaterial in China verarbeitet wurde. Nix mit ‚Kauf im Ort, fahr nicht fort‘, ganz im Gegenteil:
Die Flugkilometer dieser Zahnbürsten zerstören komplett meinen ökologischen Fußabdruck, ebenso das Toilettenpapier.
Ob es da nicht besser ist, österreichisches Recycling-Papier für das heimische Klo zu kaufen, das zwar in Plastik verpackt ist, weil die rauen Fasern Papierverpackungen zerstören, das aber nicht um die halbe Welt reist –
plus: Diese Plastikverpackung landet weder im Meer noch in der Natur, sondern wird entsorgt, wie in Österreich üblich, und schädigt somit die Umwelt weniger als vermeintliches Bio-Bambus-Papier ‚Made in China‘.

Das mit dem Bio-Label ist ohnehin so eine Sache:
Die Bio-Avocados, die viele Menschen (inklusive mir) so lieben, sind vom Umweltstandpunkt her ein Graus
durch den vegetarischen/veganen Lebenstil vieler Menschen hat sich der pro Kopf-Verbrauch mehr als verdreifacht, die Folgen davon sind für die Umwelt fatal.
Zitat aus dem verlinkten Artikel:
Durchschnittlich verbraucht ein Kilogramm Avocados 1000 Liter (Wasser). Zum Vergleich: Ein Kilogramm Tomaten kommt auf 180 Liter. Eine Avocado wiegt durchschnittlich 400 Gramm. Das heißt: 1000 Liter Wasser für zweieinhalb Avocados. Und das in Regionen, wo es so schon wenig Wasser gibt.
Doch damit nicht genug:
Im Normalfall (kommt die Avocado) jedoch aus Brasilien, Chile, Südafrika oder Peru. Während der gesamten Reise lagert die Butterfrucht, gut gepolstert, in einem strombetriebenen Container, in dem neben der Temperatur auch die Luftfeuchtigkeit und die CO2-Konzentration kontrolliert werden. Bei Nature’s Pride, einem der größten Avocado-Erzeuger, kommt sie außerdem noch in eine Reifekammer.

Wow.
Sogar Greenpeace warnt vor den Folgen des zu hohen Avocado-Konsums.
Wer also anstelle eines heimischen Bio-Wurstsemmerls einen hippen Avocado-Tofu-Snack verspeist, tut der Welt nichts Gutes, ganz im Gegenteil, so zerstören wir Wälder und damit auch Tiere. Nix mit achtsamer Genuss also.
Schreckliche Nachrichten für Menschen wie mich, die Avocados lieben …
aber dennoch:
Seit ich das weiß, greif ich im Bio-Supermarkt nicht mehr zu den essfertigen Avocados, sondern vermehrt zu Gemüse, das in Österreich gerade Saison hat.

Auch die Waschnüsse, die ich wirklich liebe, werde ich nicht mehr so oft nachkaufen.
Wieso?
Weil die Nüsse, die aus Indien stammen, durch den Bio-Boom bei uns für die Inder/innen so teuer geworden sind, dass die Menschen sich dort nicht mehr leisten können, damit ihre Wäsche zu waschen.
Dass die Inder/innen das nicht mehr tun, weil die meisten ohnehin Waschmaschinen besitzen, tut hier wenig zur Sache, denn auch die Waschnüsse haben einen zu weiten Weg hinter sich.
Wenn ich mir also meine Lieblings-Biohaarseife kaufe, von Hand hergestellt in Wien, in Papier verpackt und CO2-neutral mit der Post zu mir geschickt, dann ist das für den Planeten gesehen um ein Vielfaches besser.
Auch der Wascherde aus Frankreich, die so genial zum Duschen und Haarewaschen ist, werd ich den Vorzug geben und dafür die Waschnüsse von meiner Einkaufsliste streichen, so gern ich sie hab.

Es gibt dutzende Dinge, die vor allem Vegetarier/innen, Veganer/innen und Bio-Fetischist/innen wie ich gern als Ersatz für vermeintlich schlechtes kaufen, die bei näherer Betrachtung aber keineswegs besser sind.
Der Umstand allein, dass kein Tier leiden soll, reicht nicht, weil das ohnehin Augenauswischerei ist –
die Tatsache, dass der Klimawandel so schnell voran schreitet, sollte uns jedoch alle zum Nachdenken anregen.

Um das ganze aber noch komplizierter zu machen:
Wer meint, mit heimischen Produkten immer richtig zu liegen, irrt nämlich ebenso.
Bestes Beispiel: Äpfel.
Fast jede/r von uns greift zu den heimischen, das muss aber nicht unbedingt besser für’s Klima sein.
Hier ist gut beschrieben, warum ein Apfel aus Übersee nicht wirklich schlechter für unser Klima sein muss als ein Apfel aus der Heimat.
Im Winter, wenn heimische Äpfel in großen Kühlhäusern gelagert werden, ist so ein österreichisches/deutsches Apferl sogar schlechter als die Avocado aus Mexiko.
Es ist zum Davonlaufen.

Seit ich soviel recherchiert hab, steht für mich eines fest:
Lokal, regional und saisonal werd ich in Zukunft den Vorzug geben, immerhin hab ich Kinder, denen ich eine möglichst intakte Welt hinterlassen möchte. Das wird nur so funktionieren –

und wenn möglichst viele Menschen mitmachen, denn (Zitat):
Wer einerseits den Klimawandel verhindern, andererseits aber nicht auf frisches Obst verzichten will, kann im Frühjahr ruhigen Gewissens Obst von der Südhalbkugel kaufen. Um die Sünde wettzumachen, reicht es schon, statt mit dem Auto mit dem Fahrrad zum Supermarkt zu fahren. 

Ich werde weiterhin lieber Omas Bio-Äpfel essen, ich werde auf Kokoswasser verzichten, weil es super Wasser aus Österreich gibt (oder wer mag: Birkenwasser etwa, das hat keine lange Reise hinter sich), ich kauf keine Sachen mehr, die es auch ‚Made in Austria/Europe‘ gibt, und ich verzichte auf Dinge, die mir nur ein gutes Gewissen machen, im Endeffekt für unseren Planeten aber tödlich sind.

Wir alle möchten etwas Gutes tun.
Und jede/r von uns tut es auf die eigene Weise.
Ich glaub mittlerweile aber, dass es mit einer Entscheidung nicht getan ist –
wir müssen uns jedes Mal, wenn wir etwas kaufen, neu überlegen, ob es das ist, was wir wollen, was wir brauchen, und was die Welt retten wird …
denn darauf wird es im Endeffekt hinauslaufen.

Machen wir das gemeinsam, ja?

#Namaste!

***

Nachtrag 1: Wer sich für das Thema interessiert, lese sich bitte ein, Google ist voller Informationen –
es ist wahrlich unglaublich, was man für das gute Gewissen alles macht, das aber keineswegs gut ist. Dieses Wissen macht das Leben nicht einfacher, nein, unseren Planeten aber vielleicht ein Stückweit besser –
und nur darum geht’s.
Nicht um das eigene Gewissen, für das wir keine Tiere essen, nicht um das eigene Gewissen, für das wir Waschnüsse verwenden –
es geht nur darum, wie wir diesen Planeten unseren Kindern übergeben. Nur darum.
Denn das sollte unser aller Ziel sein: die Erde lebenswert erhalten.

Nachtrag 2: Ich hab bezüglich der CO2-Emissionen der Bambus-Zahnbürsten zwar nachgefragt, bisher aber keine Stellungnahme der Herstellerfirmen erhalten. Wenn ich was erfahre, trag ich es nach.

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5 Kommentare zu „Ist bio und öko wirklich immer die bessere Wahl?

    1. danke für den lieben kommentar!

      ich bemüh mich. und ich bemüh mich um objektivität …
      auch wenn das schwer ist. aber ich glaub: wenn wir was bewirken können, dann nur gemeinsam!

      <3

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        1. genau.

          ich glaub aber, dass es nur funktioniert, wenn man mehrere faktoren bedenkt –

          rein vegan leben, aber palmöl und avocados futtern, ist sinnlos, sogar schlecht.
          zu viel fleisch essen ist ebenso sinnlos und schlecht.

          wir haben verlernt, uns auf den mittelweg einzulassen –
          ich bin aber davon überzeugt, dass uns nur dieser retten wird.

          schwierig, ja.

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