Letzte Woche wurde ich aus der Zero Waste Austria: Salzburg-Facebookgruppe gekickt.
Und zwar nicht nur gekickt, sondern gleich auch noch blockiert, ich kann die Gruppe nicht mal mehr suchen.
Ich muss gestehen: Ich war verwirrt.
Ich hatte mich nicht im Ton vergriffen, ich war immer nett gewesen, ich hab diskutiert, ja, aber immer freundlich –
ganz anders als so mancher Troll:
Während einiger Diskussionen wurde ich persönlich angegriffen, auf wirklich tiefem Niveau, und bekam etliche Hassnachrichten.
Ich hab mich gewehrt und diese Leute dann blockiert, wie man es eben so macht im Internet, und dann war’s auch wieder gut.
Der Rauswurf kam also aus dem Nichts, und meine Nachfrage ergab ebenso nichts.
Niemand wisse genau, warum und wieso. Sehr kryptisch alles.
Bis ich Freitagabend eine Nachricht von einem Fakeaccount bekam, der mich nach absenden selbiger auch gleich blockierte –
eins ist diesen Trollen nämlich immer gemein:
Sie sind unglaublich feig.
Die Nachricht hatte in etwa folgenden Inhalt:
Ich sei nicht radikal genug für die Gruppe, weil ich als Yogalehrerin nicht vegan lebe, außerdem sei es nicht radikal genug, wie ich Müll vermeide, weil ich immer noch einiges mit oder aus Plastik kaufe bzw. besitze, und noch dazu ist es blöd, dass ich manches infrage stelle, wie etwa Zahnbürsten aus Bambus. Fragen sind blöd, die nerven nur.
Also gusch und raus aus der Gruppe.
Echt jetzt?
Radikal ist wieder in, Fragen stellen out?
Ganz abgesehen davon, dass Fragen zu stellen das Beste ist, was man machen kann –
Liebe Kinder, wenn ihr das lest: Hört nie auf, Fragen zu stellen! –
war ich dann doch ein wenig erstaunt:
Die Nachricht musste von einem Admin gekommen sein, wer sonst konnte wissen, dass ich überhaupt rausgeschmissen wurde?
Deswegen an dieser Stelle ein paar Worte an diesen unbekannten Jemand, der anonyme Nachrichten für klasse und radikal für eh total super hält – auf Facebook konnte ich ja nicht mehr antworten.
Lieber Troll,
danke für deine Nachricht.
Leider muss ich dich aber enttäuschen: Du hast unrecht.
Radikal ist nie der richtige Weg, niemals.
Und gerade ich als Yogalehrerin bin nicht radikal, auch Yoga ist es nicht.
Wenn wir die Welt vom Müll befreien wollen, müssen wir gemeinsam die Masse der Menschen erreichen, sprich: alle –
das klappt aber nicht, wenn wir radikal vorgehen, wenn wir radikale Lebensweisen als die einzig wahren darstellen.
Es ist für einzelne Menschen sicher machbar, allein auf 15m2 zu leben, sich rohvegan zu ernähren und sämtliches Plastik zu verbannen bzw. zu vermeiden –
für die große Masse der Menschen ist das aber weder machbar noch erstrebenswert. Ich würde niemals meine Familie eintauschen wollen, meinen Garten oder gewisse Dinge im Alltag, die aus Plastik sind –
meine Kontaktlinsen etwa. Oder alte Lebensmittelbehälter, die erst zu Plastikmüll werden, wenn ich sie wegwerfe.
Und trotzdem versuche ich Müll zu vermeiden, wo es nur geht, und möchte auch andere dazu anregen.
Wenn wir radikale Lebensweisen propagieren, dürfen wir uns nicht wundern, wenn andere uns für verrückt halten, wenn sie dann erst recht nicht mitmachen, wenn sie nicht mal Kleinigkeiten ändern. Das wissen wir aus der Psychologie.
Nicht jede/r ist sofort bereit für große Veränderungen, nicht jeder Lebensweg eignet sich fürs Radikale.
Zeigen wir den Menschen aber Kleinigkeiten, die sich leicht umsetzen lassen, holen wir sie ins Boot und können sie vielleicht für weitere Schritte begeistern –
mein Mann hätte vor einem Jahr auch nicht gedacht, dass er gern Zahnputztabletten verwenden wird. Hätt ich ihm radikal einfach seine Zahnpasta weggenommen, wär das wohl auch heut noch anders.
Radikal, lieber Troll, ist immer der falsche Weg, und keine Fragen mehr zu stellen ebenso.
Vielleicht verlernt man allein in einer Blockhütte nach Jahren der Einsamkeit jegliche soziale Kompetenz, die in Zeiten der sozialen Medien ohnehin zu kurz kommt –
aber ich helf dir gern.
Meld dich einfach, gemeinsam ist alles schöner, und gemeinsam sind wir vor allem stärker.
Und bitte, trau dich das nächste Mal, mir eine Nachricht zu schicken und mir dabei deinen echten Namen zu verraten –
ich bin anders, als du glaubst, ich antworte auch auf fiese Nachrichten freundlich.
Alles Liebe,
Sibl
PS: Yoga ist ein toller Weg, zu dir selbst zu finden, zur Ruhe zu kommen, und die Liebenswürdigkeit in dir wieder zu entdecken. Das ist nämlich viel schöner als das andauernde Hassen und Aufregen.
Namaste.
* * *
Du bekommst anonyme Hassnachrichten, siehst strafrechtlich relevante Kommentare, wirst von Trollen verfolgt?
Ban Hate kann dir helfen.
Und schweige nicht, schrei auf!
Erst das Schweigen gibt den Trollen ihre Macht –
was sie aber hassen, sind offene, ehrliche Worte, Fakten und Freundlichkeit, denn das kennen sie nicht von sich selbst.