Zehn Jahre sind es jetzt –
zehn Jahre, in denen Yoga eine mal kleine, mal größere Rolle in meinem Leben gespielt hat.
Begonnen hat alles während meiner zweiten Schwangerschaft:
Da hab ich das erste Mal Pilates ausprobiert, um fit zu bleiben, und weil es mit zunehmendem Bauchumfang immer schwieriger wurde, bin ich in den Yoga-Kurs gewechselt, der sehr ruhig und eher auf Meditation und sanftes Dehnen fokussiert war.
Nach der Geburt hab ich dann einiges daheim weitergemacht, mit der kleinen Maus im Arm, was sowohl sie als auch mich beruhigt und meinem Beckenboden in Rekordzeit zu alter Frische verholfen hat.
So ist es dann eine Zeit lang geblieben:
Ich hab Yoga-Kurse besucht, wenn ich gerade Lust dazu hatte, mehr oder weniger regelmäßig, hab daheim aber immer wieder mal versucht, mich an die Asanas zu erinnern, eigentlich immer dann, wenn es grad stürmische Zeiten in meinem Leben gab –
so ist das ja bei vielen Menschen.

Vor etwa drei Jahren wurden die Zeiten dann besonders stürmisch:
Meine Mutter, psychisch und physisch krank, übersiedelte von zu Hause in ein Pflegeheim Nahe Salzburg, wo ich sie (manchmal mit meinen Töchtern) natürlich recht oft besucht habe –
eine schwierige Angelegenheit, da eine Auswirkung ihrer Krankheit war, dass sie eigentlich jeden Menschen auf der Welt entsetzlich fand, allen voran ihre Tochter.
Nach Besuchen bei ihr war ich meistens völlig fertig, am Ende mit mir selbst und der Welt. Mehrere Male die Woche zu hören, wie doof und blöd man ist, macht das Leben nicht schöner –
meine Mutter nicht zu besuchen war aber auch keine Option.
Meistens hatte ich Stricksachen dabei und hab versucht, einfach nicht zuzuhören oder mit anderen Damen im Heim zu plaudern, manchmal kamen meine Kinder mit, weil sie dann abgelenkt war, manchmal aber saß ich da und musste mich wirklich zusammennehmen, um nicht laut loszuschreien.
Wieder zu Hause musste ich diesem Ärger natürlich Luft machen –
sehr zum Leidwesen meiner Familie.
So konnte es nicht weitergehen, weder für mich noch für meine Lieben.
Die Tatsache, dass meine Hochzeit bevorstand, die wir mit der Unterstützung lieber Freund/innen selber planten, machte den Stress keineswegs weniger –
und ich weiß jetzt:
So ein Hochzeitskleid in wenigen Wochen selbst zu nähen/häkeln ist auch kein Zuckerschlecken.
Also machte ich mich auf die Suche nach einem Yogastudio, das auf dem Weg zu meiner Mutter lag, und wurde auch schnell fündig –
der Beginn einer großen Liebe.
Ich legte die Besuche meiner Mutter so, dass ich direkt danach im Yogastudio einkehren konnte, und wenn das nicht klappte, rollte ich zu Hause meine Matte aus, yogierte zu einer Yoga-App oder Youtube-Videos –
und besuchte am nächsten Tag das Studio.
Eigentlich hab ich kein Wunder erwartet, aber dennoch eins erlebt:
Meine Stressanfälle wurden weniger, die teils harschen Worte meiner Mutter rückten zunehmend in den Hindergrund, es war einfacher zu erkennen, dass sie nicht aus echtem Hass so agierte, wie sie es eben tat, sondern der Krankheit wegen.
In der liebevollen Atmosphäre des Yogastudios war mein Stress schnell vergessen, kaum stand ich auf der Matte, war die Welt eine andere, auch dank all der entzückenden Yoginis, die mit mir yogierten –
und wunderbarerweise klappte das auch zu Hause, auf der heimischen Matte.

Innerhalb kürzester Zeit konnte ich mir ein Leben ohne Yoga kaum noch vorstellen, sowohl für meine geistige als auch meine körperliche Gesundheit –
denn mit jedem Lebensjahr geht es meinen Hüften weniger gut, das merk ich genau, schon ein Tag ohne Übungen für die Hüfte verschlechtert ihren Zustand enorm.
Und so geht das nun seit etwas mehr als drei Jahren ganz intensiv:
Yoga, mindestens jeden Tag, wenn nicht öfter, die Ausbildung zur Lehrerin, tägliches weiterlernen und einlesen, die Matte immer im Gepäck, egal wohin die Reise geht, und den Wunsch im Herzen, diese Liebe vollkommen undogmatisch an andere Menschen weiterzugeben –
ich will niemanden überreden, ich will nicht missionieren, keinem was aufzwingen, ich möcht nur zeigen, wie toll Yoga sein kann, auch wenn manch eine/r an der spirituellen Komponente nicht so interessiert ist, und ich möcht versuchen, ein bisschen mehr Achtsamkeit in den Alltag der Menschen zu bringen …
natürlich auch in meinen.
Einfach, weil Yoga ein tolles Werkzeug ist, mit all seinen Asanas, mit Meditation und Pranayama, ein Werkzeug, das für jede/n geeignet ist –
und ganz ehrlich:
Ihr braucht dafür weder Räucherstäbchen noch Haremshosen, das ist ein uraltes Klischee.
#Namaste!
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Meine Mutter litt an Myotoner Dystrophie, gepaart mit einer daraus resultierenden Depression sowie einer schweren Soziophobie und einer extremen Hassliebe mir gegenüber –
kein leichtes Leben, weder für sie noch für uns als Familie.
2015 schlief sie friedlich in ihrem Lieblingssessel ein.
Ihr zu Ehren schrieb ich diesen Text, der im Adventkalender 2016 von mosaik veröffentlicht wurde.
Gehab dich wohl, wo auch immer du gerade bist.