Wenn ich mich auf eine Yogastunde für Erwachsene vorbereite, bin ich schnell fertig –
den Ablauf der Stunde hab ich im Kopf, ich bereite mich zwar jedes Mal vor, habe aber keinen allzu genauen Plan, weil ich mich an die Bedürfnisse der Yogi/nis anpassen möchte …
nicht selten kommt es vor, dass manch eine/r über Beschwerden klagt, die wir mit ein paar Asanas schnell in den Griff bekommen, Nackenschmerzen etwa. Auf so etwas möchte ich schnell reagieren können, ein starrer Stundenplan würde mich da nur behindern.
Dann schnapp ich mir Leggings, meine Matte, meine Lieblingsmala und etwas zu trinken –
und los geht’s.
Die Stunden an sich sind immer anders, immer neu und spannend, aber auch immer ohne gröbere Vorkommnisse –
manchmal geht jemand auf die Toilette, manchmal lacht jemand, und ganz selten schläft jemand in Savasana ein und schnarcht ein wenig.
Aus solchen Stunden gehe ich immer glücklich nach Hause, bin aber meistens noch ziemlich fit und kann mich unter Menschen wagen, ohne ein olfaktorisches Risiko einzugehen.
Als ich aber heute nach vier Einheiten Kinderyoga in einem Kindergarten nahe Salzburg zu Hause angekommen bin, wurde mir klar, was der eigentlich Unterschied von Erwachsenenyoga zu Kinderyoga ist –
seht selbst:

Diese Sachen hab ich beim Kinderyoga immer mit:
Im Korb hinten im Bild sind zehn Yogamatten, in der Tasche davor meine magische blaue Box voller Yoga-Krimskrams, Asana-Karten zum Sammeln, mein Zwuddha, der immer im Zentrum der Matten sitzt, eine elektrische Kerze, Koshi-Klangspiele, eine Klangschale, meine Mappe mit den Stundenbildern und natürlich ein Getränk für zwischendurch.
Manchmal hab ich auch mein iPad und Lautsprecher dabei –
nicht jeder Kindergarten hat so etwas im Turnsaal, dann nehm ich es eben mit, weil etwa Tiefsee-Yoga mit akustischer Meeresrauschen-Untermalung toll ist.
Als ich heute im Kindergarten ankam, war ich schon ziemlich außer Atem, weil der Korb mit den Matten wirklich schwer und leider ziemlich unhandlich ist.
Dann leg ich natürlich alle Matten auf, richte je nach Motto der Stunde das Zentrum her, und freu mich auf die Kinder.

Und auch die Yoga-Einheiten lassen sich nicht mit Stunden von Erwachsenen vergleichen:
Es wird geplaudert, gesungen, gekichert, manchmal gepupst (und dann noch lauter gekichert), vor allem den Kleineren fällt zu jeder Asana eine Variation oder eine Geschichte ein, sie stellen Fragen zu den Figuren oder Karten –
und dann fassen wir uns an den Händen und tanzen im Kreis, weil Meerjungfrauen unter Wasser das eben so machen.
Abschauende Hunde werden schnell zu einem Rudel Wölfe, die den Mond anheulen, Schildkröten kriechen langsam auf der Matte auf und ab, und Kobras müssen sich natürlich laut zischend eine Runde im Kreis winden.
Nach jeder bewegten Asana treffen wir uns dann wieder auf der Matte und verharren kurz still in der Haltung –
und schon geht’s weiter.
Wie auch bei den Erwachsenen kommen im Kinderyoga die kleinen Yogi/nis über die Bewegung zur Ruhe, die Phasen der Stille sind gerade bei Jüngeren eher kurz, die Kinder spüren in sich hinein, fühlen ihr Herz schlagen, schnell oder langsam, oder beobachten den Atem – und genießen diese kurze, aber intensive Stille.
Wenn dann die kleinen Yogi/nis müde werden, legen sie sich auf die Matten, decken sich damit auch zu –
und bevor dann ein wenig Ruhe einkehren kann, wollen kleine Köpfe gestreichelt, kleine Zehen gekrault und kleine Hände gehalten werden, bis sich alle zu einer entspannten Ruhephase einfinden und den Koshi-Klängen lauschen –
und natürlich wollen manche Köpfe auch währenddessen gestreichelt werden.
Wer nicht mitmachen möchte, sitzt ruhig auf der Matte und sieht zu, niemand wird im Yoga zu etwas gezwungen –
und ganz oft sind es genau diese Kinder, die am meisten mitnehmen und das, was sie bei den anderen sehen, zu Hause nachmachen, wenn keiner zusieht.
Danach sitzen wir noch auf der Matte, besprechen, was wir erlebt haben, jede/r erzählt von sich selbst, manchmal schließen wir auch mit Atemübungen und einem gemeinsamen Om, und dann werden meditative Mandalas gelegt, Figuren aufgebaut, Sammelkarten verteilt –
und die nächste Gruppe kommt.
Mit den größeren Kindern spiele ich manchmal Yoga-Memory, vor allem dann, wenn sie die einzelnen Haltungen schon besser kennen und wissen, was sie machen müssen –

auch das kommt immer sehr gut an!
Wenn dann alle Kinder dran waren, räum ich alles wieder ein, roll die Matten auf, pack zusammen und mach mich schwer beladen auf den Heimweg –
verschwitzt, müde, aber unglaublich glücklich!
Die Kinder machen Yoga jedes Mal zu etwas Neuem, erfinden Geschichten rund um die Asanas und Atemübungen, und vergessen dennoch nicht, auf sich selbst und die anderen zu achten –
wie schlägt mein Herz, was macht mein Atem, wie fühlt sich mein Körper an, wem muss ich die Hand geben, weil er oder sie sonst umfällt.
Völlig ohne Vorbehalte erzählen sie, wie es ihnen geht, was ihnen gefällt –
und verkünden natürlich auch lautstark, wenn ihnen etwas gar nicht gefällt, damit muss man bei Kindern immer rechnen und darf es ihnen keinesfalls übel nehmen.
Beim Yogieren mit Kindern muss man als Unterrichtende immer voll dabei sein, auf jede Kleinigkeit achten, muss schnell auf Unstimmigkeiten oder kleinere Wehwehchen reagieren, beim Aus- und wieder Anziehen helfen, Socken umstülpen, Lieder singen und Zöpfe flechten, Fragen zu Meeresbewohnern beantworten und manchmal auch Tränen trocknen.
Wenn Lehrende in Erwachsenenstunden sagen: Und jetzt bleiben wir fünf Atemzüge in dieser Haltung, dann können sie diese Atemzüge als Pause nutzen, in Gedanken die weitere Stunde durchgehen oder vielleicht auch einfach an der Hose zupfen.
Wenn ich in Kinderyogastunden an meiner Hose zupfe, machen das alle Kinder nach –
auch wenn ich mich kratze oder meine Haare richte.
Wenn ich dann mit Sack und Pack zu Hause ankomme, kann ich es manchmal gar nicht glauben, dass man gleichzeitig so müde und so glücklich sein kann –
und sich so auf die nächste Stunde freut!
#Namaste!