Die heutigen vier Kinderyoga-Einheiten in einem Salzburger Kindergarten waren wirklich wunderbar.
(Kinderyoga-Stunden sind immer wunderbar, aber manchmal sind sie wunderbarer.)
Ich hatte für die heutigen Einheiten Yoga-Memory geplant, ein wunderbarer Weg, den Kindern spielerisch die Asanas in Erinnerung zu rufen und ihre Achtsamkeit zu schulen (und immer ein großer Spaß) –
aber ich hatte nicht mit so einer übergroßen Freude gerechnet.
In der ersten Einheit waren alle Kinder mit Begeisterung dabei, sie kannten alle Asanas und zeigten diese voller Stolz vor, ohne dass sie schauen mussten, was ich mache.
Am Ende riefen sie laut Namaste und waren traurig, dass es schon aus war.
In der zweiten Einheit setzte sich das Mädchen, das bisher nur daneben saß und zuschaute, ganz von selbst neben mich, drehte begeistert die Kärtchen um und machte sogar ein paar Asanas mit –
ich war so stolz, dass sie sich das heute getraut hat! (Und ich glaub, sie auch.)
In der dritten Einheit musste ich die Übung Wecker (hier sitzen die Kinder mit geschlossenen Augen ganz still und lauschen ihrem Atem) sogar abbrechen, weil sie so lange ruhig saßen, dass die Stunde plötzlich vorbei war. Sonst schaffen wir kaum eine halbe Minute, heute aber ging es wie von selbst.
Und in der vierten Einheit gab’s heut Kuschelalarm –
ein Mädchen drückte mich durchgehend, ein Junge massierte meinen Oberarm, zwischendurch bauten wir die Asanas ein, und als ein kleiner Blondschopf nach der Stunde den Raum verließ, warf er mir eine Kusshand zu und rief: Schön war’s heut!
*
Manchmal fragen mich Menschen, ob Kinderyoga nicht total anstrengend sei, weil Kinder ja generell anstrengend seien …
Quatsch!
Es ist wunderbar!
Der heutige Kinderyoga-Vormittag in einem Salzburger Kindergarten war wieder einmal super –
wir haben einen yogischen Bauernhof besucht, uns in Tiere, Bäume und Lastwägen verwandelt und dabei wie Bienen geatmet.
Alle Kinder haben begeistert mitgemacht, schon vor der ersten Einheit hab ich gehört, wie draußen einige ‚Juhu, Yoga!‘ gerufen haben. Ein Mädchen, das bisher lieber vom Rand aus zuschaute, hat sich heute sogar das erste Mal zu uns in den Kreis gesetzt und ein bisschen mityogiert.
Schön.
Auch in der letzten der vier Gruppen waren die meisten voller Freude dabei, nur ein kleiner Junge nicht, der zuerst nur auf seiner Matte lag und uns zusah –
bis er dann plötzlich ein Smartphone aus der Tasche zog und auf den Bildschirm schaute.
Ich muss gestehen: Ich war wirklich entsetzt.
Ein Smartphone? Im Kindergarten? In der Yogaeinheit?
Bei den Erwachsenen sag ich am Anfang meistens dazu, dass sie bitte das Handy draußen lassen und ausschalten sollen, immerhin kommt man ja zu Yoga, um abzuschalten –
sich selbst, aber auch alle Geräte, die uns davon abhalten, uns selbst abzuschalten.
Im Kinderyoga hab ich das noch nie gemacht, ich wär gar nicht auf die Idee gekommen, dass jemand ein Handy in der Hosentasche haben könnte.
Deshalb möcht ich heute alle Eltern bitten, die hier mitlesen:
Gebt euren Kindern kein Smartphone mit in den Kindergarten!
Euer Kind ist im Kindergarten bestens betreut, es kommt weder allein noch geht es allein nach Hause, es gibt unendlich viele Spiel- und Bastelsachen und meistens einen tollen Garten, es gibt Kinder, mit denen es spielen und sich anfreunden kann, die Pädagog/innen bemühen sich, allen Kindern bestmögliche Betreuung zukommen zu lassen und bieten abwechslungsreiches Programm, damit sich wirklich alle Kinder wohlfühlen und Spaß haben und gefördert werden können.
Ein Handy aber macht all diese Bemühungen zunichte:
Das Kind schaut natürlich dauernd auf’s Handy, weil es cool ist, eins zu haben, es wird die Sprache nicht lernen (so es dazu Bedarf gibt), weil es weniger mit den anderen spricht und spielt, die anderen Kinder sind vielleicht neidisch, weil sie entweder kein Handy haben oder es nicht mitnehmen dürfen, und spielen dann sowieso nicht mehr gern mit dem Kind, am Wichtigsten aber: Das Kind lernt schon in so frühen Jahren eine immense Abhängigkeit von diesem technischen Gerät, das uns alle so fest im Griff hat.
Viele Erwachsene kommen in Yoga-Stunden, weil sie dort gezwungen sind, abzuschalten –
sich selbst, aber eben auch das Smartphone.
Egal wie wichtig ein Anruf vermeintlich ist, eine Status-Meldung, eine Nachricht:
Während der Yogastunde weiß man nicht mal, dass jemand anruft, weil das Handy ja ausgeschalten ist.
Und man erkennt plötzlich, dass es eigentlich nicht wichtig ist, ob man eine Statusmeldung um 18:00 oder um 19:30 liest, oder ob man mit der Freundin zehn Minuten später telefoniert.
Es ist wahnsinnig befreiend zu erkennen, dass viele der vermeintlich so wichtigen digitalen Dinge uns meist weder wirklich interessieren noch besonders wichtig sind, sondern dass uns der ständige Kontrollblick auf das Smartphone wertvolle Zeit raubt –
die wir für uns und unsere Lieben nutzen könnten.
Gönnen wir unseren Kindern doch wenigstens im Kindergarten die Freiheit, ohne elektronische Fußfessel durchs Leben zu gehen, kein Gerät in der Tasche zu haben, das sie auf Abruf hält –
lassen wir sie doch einfach Kind sein, spielen, lachen, yogieren, ohne den ständigen Blick auf ein Gerät, das sie mit vier, fünf Jahren noch nicht mal wirklich verstehen.
Denn eins ist sicher: Im Kindergarten sind die lieben Kleinen ohnehin bestens betreut, dort braucht wirklich niemand ein Handy.
Die heutige Kinder-Yogastunde in einem meiner Kindergärten war hart, muss ich gestehen:
In der Gruppe waren zwei Kinder, die keine Sekunde stillsitzen können, die jeden Gedanken, der in ihrem Kopf auftaucht, sofort lautstark der Gruppe mitteilen müssen, und für die es offenbar Neuland ist, dass ihnen jemand kleine Aufgaben stellt, wie etwa: Setz dich auf deinen Platz und pass auf, dass du die Memory-Karten in der Mitte nicht durcheinander bringst.
oder Achte darauf, dass du deinem Sitznachbarn nicht mit dem Ellenbogen ins Gesicht stichst.
Im Kinder-Yoga ist das natürlich normal –
kein Kind tut immer genau das, was man ihm sagt, die Fantasie und der Bewegungsdrang sind meistens stärker …
und das Schöne ist:
Kinder-Yoga ist perfekt dafür.
Bewegung und Stillsitzen wechseln sich ab, die Kinder können ihre Gedanken und Ideen einbringen, niemand wird zu etwas gezwungen, in den allermeisten Fällen sind die Kleinen aber begeistert bei der Sache und genießen jede Sekunde.
Da heute die Abschiedsstunde war, hatte ich geplant, mit den älteren Kindern Yoga-Memory zu spielen –
eine geniale Kombination aus Achtsamkeits-Schulung und Yoga-Übungen, die den Kindern großen Spaß macht. Meistens sind sie traurig, wenn wir alle Karten aufgedeckt haben und sie fertig sind mit der Yoga-Stunde und eine andere Gruppe dran ist.
Yoga als Spiel: Yoga-Memory
Heute aber kam bei den Kindern keine echte Spielfreude auf –
es ist einfach nicht lustig, wenn zwei Kinder absichtlich alle Karten durcheinander bringen, sich keine Sekunde auf das Spiel konzentrieren können, dann aber beleidigt sind, wenn sie keine Paare finden und lautstark beginnen zu schreien.
Nach mehrmaliger Aufforderung, Platz zu nehmen, dem Spiel zu folgen und die anderen nicht zu stören, hab ich dann beschlossen, nicht die Geduld zu verlieren, sondern meinen Trumpf zu präsentieren: die eine Memory-Karte, vor der die Kleinen fast ein bisserl Respekt haben, die sie aber dennoch genießen:
die Karte mit dem Wecker.
Zeit, innezuhalten
Wenn dieses Karten-Paar aufgedeckt wird, setzen sich alle hin, schließen die Augen und den Mund – und halten einfach inne.
Wer es am längsten schafft, darf sich Stillhalte-König oder -Königin nennen und den anderen erklären, wie er oder sie es so lang geschafft hat …
die Kinder haben nämlich die tollsten Ideen, wie man es schafft, innezuhalten und Ruhe zu bewahren!
Also hab ich die beiden Wecker-Karten aufgedeckt und das Stillhalten ausgerufen –
mit Erfolg:
Sogar die Beiden, die sich bisher schwer taten, wollten zeigen, wie gut sie das können …
und als wir alle dann wieder die Augen öffneten, sagte eines der Kinder: Das war so angenehm, können wir das nachher nochmal machen?
Kinder brauchen Ruhephasen, genauso wie die Erwachsenen, und genauso wie wir müssen sie lernen, sich diese zu gönnen und zu erkennen, wie wertvoll sie sind.
Sich auf ein Memory-Spiel konzentrieren zu können, tief einzuatmen oder kurz mal im Krieger zu stehen –
all das sind Fähigkeiten, die Kindern im Leben wirklich helfen …
nicht, weil ihnen jemand sagt, dass sie es müssen, sondern weil es ihnen guttut –
und weil sie selbst spüren, wie gut es ihnen tut.
Und das ist etwas, das ich gerne fördern möchte –
wer das nämlich schon als Kind lernt, der kann es auch, wenn er erwachsen ist …
und das ist ein wunderbarer Gedanke!
#Namaste!
***
Kleiner Nachtrag:
Die Welt, in der wir leben, ist schnell und oft rastlos. Viele Eltern müssen früh in die Arbeit und kommen erst spät wieder nach Hause. Da bleibt wenig Zeit, sich den Kindern zu widmen und sie zu fördern – vor allem, weil uns die Welt suggeriert, dass fördern bedeutet, die Kinder von einem Kurs in den nächsten zu kutschieren, keine Leerzeiten hinzunehmen und jede Minute des Tages genau zu planen.
Und auch wenn bekannte Erziehungswissenschaftler/innen mittlerweile wieder dazu raten, den Kindern Langeweile zu gönnen, weil das Pause fürs kindliche Gehirn und Raum für die eigene Fantasie bedeutet, scheinen manche Eltern direkt Angst davor zu haben, als Rabeneltern zu gelten, wenn das eigene Kind weniger Kurse besucht als das Nachbarskind.
Als Mutter von drei Kindern und mittlerweile Kinder-Yogalehrerin möchte ich aber allen Eltern ans Herz legen:
Lasst eure Kinder atmen!
Gönnt ihnen die Zeit, die sie brauchen, um zur Ruhe zu kommen – und helft ihnen dabei, sich zu entfalten.
Anstatt sie von einem Kurs in den anderen zu hetzen, setzt euch mit ihnen hin und spielt ein Brettspiel –
weil man dabei ganz wunderbar lernt, sich zu konzentrieren, achtsam zu sein und trotzdem Spaß zu haben.
Und weil man dabei Zeit miteinander verbringt.
Kinder wissen selbst recht genau, was sie interessiert und was sie gut können, sie brauchen nur jemanden, der sie an der Hand nimmt und mit ihnen den manchmal steinigen Weg zu sich selbst beschreitet –
ohne allerdings die Richtung vorzugeben.
Und sie brauchen manchmal jemanden, der ihnen zeigt, wie schön es sein kann, Ruhe in sich selbst zu spüren –
die Welt ist stressig genug.
Ihr wundert euch vielleicht, wieso es jetzt längere Zeit so still war hier, das ist ja sonst nicht so meine Art –
aber die Grippe hatte mich zwei Wochen lang voll im Griff, mit allem drum und dran:
Fieber, Halsweh, Husten, Schnupfen, Kopf- und Gliederschmerzen, das volle Programm. Manchmal hab ich mich auf meine Matte geschleppt und bin dort gesessen, aber mehr als tief durchatmen hab ich nicht geschafft.
Jetzt endlich bin ich wieder gesund, muss nur mehr leicht husten, kann aber endlich wieder yogieren und das Haus verlassen …
großartig!
Und genau in dieser Zeit, in diesen zwei Wochen, in denen ich rein gar nichts tun konnte, hab ich mich dazu entschlossen, ein CoWorking-Studio in Salzburg zu eröffnen –
ein Studio, in dem ich wieder Erwachsene unterrichten kann, in dem aber auch andere ihre Stunden abhalten können, egal ob es sich um Yogastunden, Tanzeinheiten, Pilates oder Beratung/Therapie handelt.
Weil es gemeinsam viel schöner ist, weil es mehr Spaß macht und bestimmt auch leichter ist, als einsam für den eigenen Traum zu kämpfen – ich freu mich jedenfalls sehr drauf und arbeite in jeder freien Sekunde daran, dass die Website fertig und die Facebook-Seite voller wird, dass meine Give-aways ankommen und ich den ersten Kennenlern-Abend organisieren kann.
Und dass ich das Studio so adaptiere, dass man sich darin wohlfühlt und tolle Stunden erleben kann.
Denn noch ist es ein bissl leer: https://www.instagram.com/p/BQxVtrhDf5N/?taken-by=sibl_and_the_wheel
Heute war auch endlich wieder eine Kinderyoga-Stunde, ich hab die Kleinen wirklich vermisst –
und weil die Sonne so schön gescheint hat, haben wir die Yoga-Einheit kurzerhand in den Garten verlegt. https://www.instagram.com/p/BRnRvBLjicr/?taken-by=sibl_and_the_wheel
Die Kleinen waren begeistert, denn aus der geplanten Yogastunde wurde durch die Eindrücke aus der Natur eine Achtsamkeits-Stunde –
was hörst du, was siehst du, wie fühlt sich der Boden an, das Gras, und wer kann beschreiben, wie der Frühling riecht?
Wir haben Kirschkerne entdeckt, die frühlingshaft austreiben, konnten sechs verschiedene Arten von Vögeln singen hören und einige der Kleinen haben das erste Mal am frischen Gras und der feuchten Erde gerochen –
ein echtes Yoga-Garten-Abenteuer!
Beim Ausziehen fragte dann eine Betreuerin die Kinder, wie das Yoga im Garten denn gewesen sei –
und ein Chor glücklicher Kinderstimmen hat laut geschrien: Es war toll!
Manchmal bekommt man das schönste Feedback –
genau dann, wenn man gerade überhaupt nicht damit gerechnet hat.
So wie heute:
Als ich nämlich meine jüngste Tochter aus dem Kindergarten abgeholt hab, hat mir ihr Betreuer erzählt, dass er nun den Text über’s Kinderyoga im Kindergarten online gestellt hätte.
Also hab ich mich zu Hause als erstes an meinen Computer gesetzt und mal nachgeschaut, was er so geschrieben hat, ist ja spannend –
und mich gleich wie narrisch gefreut.
So viele nette Worte –
und die Tatsache, dass sich die Kinder wirklich drauf freuen, wieder zum Yoga gehen zu dürfen, ist einfach wunderbar.